„Are you my Daddy?“ – Vaterschaftstest und Vaterschaftsanerkennung in England

Sind in England „heimliche“ Vaterschaftstests erlaubt? Kann der (zweifelnde) Vater also Speichelproben des Kindes ohne Zustimmung der Mutter ans Labor senden?

Zunächst einmal: Kinder, die im Vereinigten Königreich innerhalb einer Ehe geboren werden, gelten auch nach englischem Familienrecht automatisch als Kinder des Ehemanns der Mutter. Zweifelt der Gatte an seiner Vaterschaft, muss er den formellen Weg gehen und die Vaterschaft gerichtlich anfechten. Dennoch ist es auch in dieser Fallkonstellation verlockend, zunächst einen DNA-Vaterschaftstest heimlich durchführen zu lassen, also ohne dass die Mutter davon erfährt. Ehefrauen, insbesondere wenn sie kürzlich entbunden haben, finden es nämlich in aller Regel nicht romantisch, wenn ihr Ehegatte die Zustimmung zur Durchführung eines Vaterschaftstests fordert. Der Ehemann wird sich also sehr gut überlegen, ob er einen offiziellen Test verlangt. Sonst liegt unter Umständen gleichzeitig mit dem DNA-Testergebnis der Scheidungsantrag im Briefkasten. Ob ein heimlicher Vaterschaftstest in UK zulässig ist, dazu sogleich.

Bei nicht verheirateten Paaren ist die rechtliche Situation anders. Wie auch in Deutschland erlangt der biologische Vater (auch liebevoll Erzeuger genannt) die rechtliche Elternstellung erst bzw. nur, wenn entweder beide Eltern eine „Statutory Declaration of Acknowledgement of Parentage“ („Formelle Erklärung der Anerkennung der Elternschaft“) abgeben (Link zum Formular hier).

Oder aber, in den Fällen, in denen die Mutter diese Erklärung nicht freiwillig abgibt, wenn der Vater auf Feststellung seiner Vaterschaft klagt („applying for a declaration of parentage“). Auch hierfür gibt es in England natürlich ein Formular. In diesen Fällen ordnet das englische Familiengericht den DNA-Test an.

Bevor der nicht-verheiratete (potentielle) Vater die Erklärung abgibt, möchte er in der Regel gerne sicher sein, dass er auch wirklich der Erzeuger des Kindes ist. Was uns wieder zum Thema Vaterschaftstest in UK bringt.

Streng genommen benötigt man für einen DNA-Test bei einem Minderjährigen das Einverständnis der Person „with parental responsibility“ (Sorgerecht). Das ist bei unverheirateten Paaren stets die Mutter. Details zu den rechtlichen Voraussetzungen eines DNA-Tests in England hier.

Aber: Faktisch sind „heimliche“ Vaterschaftstests in UK offenkundig möglich, weil die Labore solche Testaufträge annehmen, auch wenn die (juristisch eigentlich nötige) Zustimmung der Mutter fehlt. In der Praxis scheint es in England ganz gängig zu sein, dass die Labore auch Anfragen vom (potentiellen) Vater allein annehmen. Und zwar nicht nur dubiose kleine Labore, sondern auch diejenigen, die auf der offiziellen staatlichen Website gelistet sind, siehe zum Beispiel hier. Man muss also nur Speichelproben von Kind und Vater einsenden und erhält dann das Ergebnis per Post oder sogar per eMail.

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Weitere Informationen zum deutsch-britischen Familien- und Scheidungsrecht finden Sie in diesen Beiträgen:

Cross Channel Lawyers ist ein Netzwerk von Anwälten, die auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Rechtsfälle spezialisiert sind. Gegründet 2003 von Graf & Partner und deren Prozessrechtsabteilung. Die Familienrechtsabteilung berät internationale Paare – selbstverständlich auch LGBT-Paare – bei Fragen rund um die Themen Eheverträge und – wenn nötig – internationale Scheidung. Rechtsanwalt Schmeilzl verfasst den Länderbericht „Familienrecht England & Wales“ im BGB-Kommentar des NOMOS Verlags und ist ausgewiesener Fachmann insbesondere für die Themen deutsch-englischer Ehevertrag sowie deutsch-britische Scheidung. Mehr zum englischen Familienrecht hier

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