Unternehmensgründung in Großbritannien

Praxistipps von der deutsch-britischen Wirtschaftsanwältin Elissa Jelowicki (München | London)

Ein Start-Up-Unternehmen zu gründen, ist in Großbritannien einfacher, schneller und – zumindest was das Haftungskapital angeht – weniger kostenintensiv als die Gründung einer GmbH in Deutschland. Trotzdem sollte man sich vorher gut informieren und das Projekt über einen längeren Zeitraum durchkalkulieren, weil die kommerziellen Anbieter wie Go-Limited etc. meist nicht die ganze Wahrheit erzählen. Buchhaltung, Steuerberatung und Jahresabschluss, die Notwendigkeit einer englischen Anschrift, die jährliche Meldung zum Companies House etc lösen Kosten aus, die viele Gründer zunächst nicht auf dem Radarschirm haben. Alles lösbar, vor allem für solche Unternehmer, die selbst gut Englisch sprechen und die Formulare selbst ausfüllen können. Aber man muss es eben vorher durchkalkulieren.

Welche Optionen haben Unternehmensgründer in UK?

Das britische Unternehmensrecht bietet verschiedene Handels- und Gesellschaftsmodelle. Für eine Gründung ist keine Anfangsinvestition von 25.000 EUR erforderlich wie beispielsweise in Deutschland. Ja, die Unternehmergesellschaft (UG) fordert dies auch nicht, aber die UG nimmt im Geschäftsleben niemand so recht ernst.

Die gängigsten Unternehmensformen in Großbritannien sind: Einzelunternehmen („Sole Trader“), Gesellschaft mit beschränkter Haftung („Limited Company“) und Kommanditgesellschaft („Limited Liability Partnership”). In diesem Artikel wird kurz erläutert, wie man eine englische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Limited Liability Company) gründet, da dies dort die gängigste Unternehmensform ist.

Einer der wichtigsten Gründe dafür, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen, ist es, Ihre persönliche Haftung als Direktor und Anteilseigner des Unternehmens zu beschränken. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist ein eigenständiges Handelsinstrument. Es handelt sich um eine rechtlich eigenständige Unternehmensform, d.h. Sie haften nicht persönlich für die Schulden des Unternehmens.

Der Vorteil der Gründung eines Unternehmens in Großbritannien ist, dass Sie nicht dort leben müssen, um ein Unternehmen zu gründen.

Company limited by shares (Aktiengesellschaft) – die wichtigsten Merkmale
Dabei kann es sich um eine private company (d. h. die Anteile werden nicht öffentlich ausgegeben) oder um eine public limited company (hier werden die Aktien öffentlich gehandelt) handeln. Die wesentlichen Merkmale aller Aktiengesellschaften (ganz gleich ob „private“ oder „public“) sind Folgende:

Eigene Rechtspersönlichkeit. Eine Aktiengesellschaft ist ein Unternehmen, dessen Rechtspersönlichkeit von jener der Anteilseignern getrennt ist. Ein Unternehmen hält seine eigenen Vermögenswerte und kann Anteile daran ausgeben. Das Unternehmen ist als eigenständige juristische Person zum Vertragsabschluss berechtigt und kann auch auf dessen Grundlage verklagt werden bzw. andere verklagen.

Beschränkte Haftung der Anteilseigner. Eine Aktiengesellschaft ist für Schulden und Verbindlichkeiten selbst verantwortlich. Die Haftung eines jeden Anteilseigners hinsichtlich der Schulden und sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens ist im Allgemeinen auf die Summe beschränkt, die bei dem jeweiligen Anteil nicht einbezahlt wurde.
Anzahl der Anteilseigner. Es gibt keine gesetzlich festgelegte Grenze, wie viele Anteilseigner ein solches Unternehmen haben darf. Eine Aktiengesellschaft kann auch nur einen einzigen Anteilseigner haben.

Trennung von Geschäftsführung und Inhaberschaft. Es gibt eine Trennung von Geschäftsführung und Inhaberschaft eines solchen Unternehmens. Die Inhaber des Unternehmens sind die Anteilseigner. Die Verantwortung für die Geschäftsführung des Unternehmens obliegt normalerweise dem Direktor. Direktoren sind zwar auch häufig Anteilseigner, doch dies ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Grundkapital. Eine Aktiengesellschaft muss mindestens einen Anteil am Grundkapital ausgeben. Jeder Anteil bzw. jede Akte hat einen festen Nennwert.

Gründungsunterlagen. Alle Unternehmen müssen eine Satzung haben, in der die wichtigsten Strukturen des Unternehmens hinsichtlich Geschäftsführung und Verwaltung festgeschrieben sind (Paragraph 18, Britisches Unternehmensgesetz von 2006). Diese Satzung ist ein öffentlich zugängliches Dokument. Eine Kopie der Satzung ist beim britischen Gesellschaftsregister („Companies House“) bei der Gründung einzureichen (außer das Unternehmen verwendet eine Standardsatzung).

Der Name des Unternehmens sollte mit Bedacht gewählt werden. Es gibt Beschränkungen sowohl im Hinblick auf die Eintragung des bei der Gründung gewählten Namens und eine spätere Namensänderung. Der Unternehmensname muss auch die entsprechende Endung aufweisen, z. B. Limited, plc, c.i.c usw.). Der Registerführer verweigert die Eintragung inakzeptabler Namen.

Ein Unternehmen wird durch Einreichung der erforderlichen Dokumente und durch Entrichten der erforderlichen Gebühr an das Gesellschaftsregister gegründet. Die Gründung ist erfolgt, wenn der Registerführer eine Gründungsurkunde ausstellt. Der jeweilige Inhaber des Unternehmens hat folgende Möglichkeiten:

Die gängigste Frage ist „Muss ich in Großbritannien wohnhaft sein, um als Direktor oder Anteilseigner einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung („Limited Company“) zu agieren?“ und „Wie kann ich ein Bankkonto eröffnen, wenn ich meinen festen Wohnsitz in Deutschland habe?“. Die einfache Antwort auf beide Fragen ist: nein (jedenfalls vor Brexit). Es sind dennoch ein paar Punkte zu beachten. Im Hinblick auf den Geschäftssitz gibt es zahlreiche Unternehmen, die hier als eingetragener Firmensitz für Sie fungieren können. Wir benötigen jedoch einen Identitätsnachweis (Personalausweis/Pass) sowie Kontoauszüge oder Ähnliches als Nachweis. Diese Auszüge müssen übersetzt und beglaubigt werden. Die gängigsten Banken haben auch unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Bankkonten. Barclays Bank PLC verlangt beispielsweise einen Umsatz in Höhe von 2,5 Millionen GBP oder Sie müssen in Großbritannien wohnhaft sein. Bei HSBC ist es nicht erforderlich, dass Sie in Großbritannien wohnhaft sind, jedoch verlangt die Bank übersetzte und beglaubigte Kopien der Kontoauszüge und einen Identitätsnachweis.

Es sollte genau überlegt werden, für welches Unternehmen man sich entscheidet. Hier kann fachliche Beratung eines qualifizierten Rechtsanwaltes, der nicht nur das britische System kennt, sondern auch mit den Finessen hinsichtlich der Gründung eines Unternehmens vertraut ist, hilfreich sein.

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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner mit der Prozessrechtsabteilung G|P Chambers ist auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert. Mitglied unserer Kanzlei ist die als UK Solicitor qualifizierte Kollegin Elissa Jelowicki, die bei der RAK München als Niedergelassene Europäische Rechtsanwältin registriert ist. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).