Wer bin ich? Wo wohne ich? Und vor allem…

… wie weise ich das gegenüber englischen Gerichten, Behörden, Banken und sogar dem eigenen Rechtsanwalt nach?

Die Briten haben viele lustige Gebräuche, gerade auch im Rechtswesen. Zu den in der täglichen Praxis lästigsten Gepflogenheiten des englischen Geschäftsverkehrs gehört, dass an allen Ecken und Enden ein „Proof of Identity“ verlangt wird.

Hat man es mit britischen Behörden, Banken, Versicherungen, Gerichten oder auch nur Anwälten zu tun, muss man laufend nachweisen, dass man auch wirklich der ist, der man behauptet zu sein. Und dass man tatsächlich dort wohnt, wo man zu wohnen vorgibt. Selbst wenn man nur einen englischen Anwalt mandatieren will, verlangt der erst einmal das berüchtigte „Know Your Client Paperwork“ (mehr dazu hier). Auch in Fallkonstellationen, in denen Geldwäsche eher fernliegt, sagen wir weil man einen kleinen ebay-Kauf anfechten, Kindesumgang erstreiten oder sich von einem Briten scheiden lassen will. Ohne „KYC“ geht gar nichts.

Jetzt mein man als naiver Deutscher, der noch keine Erfahrung mit englischen Verwaltungsabläufen hat:

Na gut, dann schick ich halt eine Kopie meines deutschen Personalausweises hin, notfalls notariell beglaubigt! Auf dem Personalausweis steht ja meine Adresse drauf.

Von wegen: Die eiserne Regel im Vereinigten Königreich ist, dass man seine Identität und seine Wohnanschrift nicht mit ein und demselben Dokument beweisen kann. Man braucht also immer mindestens zwei verschiedene „Proof of Identity Documents“.

Glauben Sie nicht? Dann sehen Sie mal auf der offiziellen GOV.UK Website die „Proof of Identity Checklist“ sowohl für natürliche Personen als auch für juristische Personen (da wird es noch wilder). Dort steht klar und unbritisch direkt:

„You cannot use one form of identification for both name and address. For example, if you provide your driving licence as proof of your name you must provide another form of identification for your address, such as a utility bill.“

Das ist auch nicht etwa nur eine Besonderheit der „Bona Vacantia Division“. Auch die meisten anderen Behörden und Gerichte verwenden solche Proof of Identity Checlisten.

Womit weise ich dann also meine Identität und meine Adresse nach? Nun, da gibt es viele Möglichkeiten. Sehr viele! Die man frei kombinieren kann. Der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt. Im Zentrum steht die berühmte „Utility Bill„, also eine schnöde „Alltagsrechnung„, zum Beispiel eine Rechnung des Strom- oder Wasserversorgers, ein Grundsteuerbescheid oder ein Bankkontoauszug. Nur Mobiltelefonrechnungen und Kreditkartenabrechnung werden in UK meist nicht akzeptiert. In den USA dagegen meist schon.

Wer also – so wie ich – dauernd mit Banken, Versicherungen und Nachlassgerichten in England korrespondiert, weil er zum Beispiel internationale Nachlässe abwickelt oder für deutsche Mandanten englische Solicitors untermandatiert, hat seine liebe Mühe, genügend solche Utility Bills aufzutreiben, denn der Strom- und Wasserversorger verschickt halt meist nur eine Rechnung pro Quartal. Und die Utility Bill – das sollte ich vielleicht noch erwähnen – muss natürlich im Original nach UK geschickt werden. Und sie darf nicht älter als 3 bis 6 Monate sein. Zwar erhält man diese Dokumente von englischen Banken und Versicherungen meist zurückgeschickt (von Gerichten und Behörden eher nicht), bis dahin sind sie aber in der Regel zu alt zur Wiederverwendung.

Ach ja, noch etwas: Die Utility Bills eines Deutschen sind ja meist in deutscher Sprache. Nach meiner Erfahrung akzeptieren die britischen Stellen solche Originalrechnungen meist trotzdem, wenn ich ihnen im Anschreiben erläutere, worum es sich beid er Utility Bill handelt. Aber eben nur meistens. In drei von zehn Fällen kommt die Rückfrage: Would you kindly provide us with a certified translation of the utility bill. Dann kann man nochmal die Liste konsultieren und vielleicht auf ein anderes Dokument umschwenken. So, jetzt höre ich ja auch schon wieder auf.

Abschließend hier die Tabelle der meist anzeptierten Kombinationsmöglichkeiten:

Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk in Europa sowie im außereuropäischen englischsprachigen Rechtsraum gerne zur Verfügung. In UK, Kanada sowie den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien.

Weitere Infos zum internationalen Erbrecht und zur Erbschaftsteuer in Deutschland, UK, USA und anderen Ländern: