Bringt man eine Limited steuerfrei aus England raus?

Wegzugs-Besteuerung einer englischen UK Limited Company mit Geschäftsbetrieb (Zweigniederlassung) in Deutschland

Es war einmal in Mode, statt einer deutschen GmbH eine englische Limited zu gründen. Wegen Brexit werden aus Sicht des deutschen Rechts solche englischen Limited Companies voraussichtlich bald zu Personengesellschaften (OHG), so dass die Gesellschafter dann in vollem Umfang persönlich haften.

Das betrübt viele deutsche Shareholder. Diese möchten die englischen Limited Companies, die in Wahrheit ja nur auf dem Papier in England ansässig sind, tatsächlich aber den Geschäftsbetrieb in Deutschland haben, von der britischen Insel nach Deutschland holen.

Ob, wie und bis wann das geht, ist in anderen Beiträgen bereits ausführlich beschrieben. Doch wie sieht es eigentlich mit den Steuern aus? Führt der „Umzug“ der Limited von England nach Deutschland zu einer Besteuerung in UK?

Hier die wesentlichen Eckpunkte zur Anwendbarkeit des englischen Steuerrechts:

1.

Eine Gesellschaft ist in Großbritannien körperschaftssteuerpflichtig (corporation tax, bestehend aus capitals gains tax und income profits), wenn sie in England angesiedelt ist (resident) oder sich dort die zentrale Kontrolle der Gesellschaft befindet (central management and control) befindet.

„Resident“ im Sinne des englischen Steuerrechts ist eine Gesellschaft dann, wenn sie in England gegründet und ihr regsitered office in England liegt.

Da eine Limited ihren Satzungssitz zwangsläufig in England (Wales oder Schottland) hat, ist diese folglich grundsätzlich in England unbeschränkt steuerpflichtig.

 

2.

Da dies jedoch bei in Deutschland geschäftsansässigen Limited Companies zu einer Doppelbesteuerung führen würde, ist gemäß Art. II Abs. 1(h) (iii) des DBA mit Großbritannien vom 23.03.1970 die Steuerpflicht der Limited allein am Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung, also in Deutschland, vorgesehen. In der Praxis bedeutet das folgendes:

Das englische Finanzamt (HM Rvenue & Customs, kurz: HMRC) geht zunächst davon aus, dass eine in Großbritannien gegründete Gesellschaft resident und somit steuerpflichtig ist. Das ergibt sich aus Sec. 14 des Corporation Tax Act 2009:

Companies incorporated in the United Kingdom

(1) A company which is incorporated in the United Kingdom is UK resident for the purposes of the Corporation Tax Acts.

(2) Accordingly, even if a different place of residence is given by a rule of law, the company is not resident in that place for the purposes of the Corporation Tax Acts.”

 

Die Gesellschaft kann jedoch anhand einer „Ansässigkeitsbescheinigung“ (in Verbindung mit dem Antrag auf Anwendung des DBA) nachweisen, dass sie nicht in Großbritannien ansässig und damit nicht steuerpflichtig ist. Dies ergibt sich aus Sec. 18 des Corporation Tax Act 2009:

Companies treated as non-UK resident under double taxation arrangements

(1) This section applies to a company which is treated as—

(a) resident in a territory outside the United Kingdom, and

(b) non-UK resident,

for the purposes of any double taxation arrangements.

(2) For the purposes of the Corporation Tax Acts the company is—

(a)resident outside the United Kingdom, and

(b) non-UK resident.

(3) Subsection (2) applies even if the company would otherwise be UK resident for the purposes of the Corporation Tax Acts by virtue of section 14, 15, 16 or 17 or another rule of law.

(4) To decide whether a company is treated as mentioned in subsection (1)(a) and (b) for the purposes of any double taxation arrangements, assume that—

(a) the company has made a claim for relief under the arrangements, and

(b) in consequence of the claim it falls to be decided whether the company is to be treated as mentioned in subsection (1)(a) and (b) for the purposes of the arrangements.”

 

In der Regel stellt das HMRC keine besonderen Anforderungen an den Antrag auf Anwendung des DBA, solange dem HMRC die Ansässigkeitsbescheinigung des in Deutschland zuständigen Finanzamts vorgelegt wird.

Üblicherweise verlangt das HMRC darüber hinaus die jährliche, unaufgeforderte Abgabe einer Ansässigkeitsbescheinigung sowie im Jahr der Gründung die Abgabe einer Null-Steuererklärung.

 

3.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gesellschaft in Großbritannien eine Betriebsstätte unterhält oder sonst eine Geschäftstätigkeit in Großbritannien ausübt (Sec. 19 des Corporation Tax Act 2009).

Chargeable profits

(1) This section applies if a non-UK resident company carries on a trade in the United Kingdom through a permanent establishment in the United Kingdom.

(2) The company’s chargeable profits are its profits that are—

(a) of a type mentioned in subsection (3), and

(b) attributable to the permanent establishment in accordance with sections 20 to 32.

(3) The types of profits referred to in subsection (2)(a) are—

(a) trading income arising directly or indirectly through or from the establishment,

(b) income from property or rights used by, or held by or for, the establishment, and

(c) chargeable gains falling within section 10B of TCGA 1992 (non-resident company with United Kingdom permanent establishment)—

(i) as a result of assets being used in or for the purposes of the trade carried on by the company through the establishment, or

(ii) as a result of assets being used or held for the purposes of the establishment or being acquired for use by or for the purposes of the establishment.”

 

Eine ähnlich ausgestaltete Regelung findet sich auch in Sec. 10 des Taxation of Chargeable Gains Act 1992:

Non-resident with United Kingdom branch or agency

(1)Subject to any exceptions provided by this Act, a person shall be chargeable to capital gains tax in respect of chargeable gains accruing to him in a year of assessment in which he is not resident and not ordinarily resident in the United Kingdom but is carrying on a trade in the United Kingdom through a branch or agency, and shall be so chargeable on chargeable gains accruing on the disposal— (…)”

 

Mehr zum Thema UK Limited Company in diesen Posts.

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