Deutschen Erbscheinsantrag von Kanada aus stellen?

Antragstellung nur in Toronto möglich!

Wer einen deutschen Erbschein beantragt, muss gegenüber dem Nachlassgericht eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass der Inhalt des Erbscheinsantrags richtig und vollständig ist. Diese eidesstattliche Versicherung kann der Antragsteller entweder direkt beim Nachlassgericht abgeben oder bei einem deutschen Notar oder – falls der Antragsteller im Ausland lebt und nicht nach Deutschland reisen kann oder will – bei einem deutschen Konsularbeamten.

Deutsche Generalkonsulate in Kanada

In ganz Kanada nimmt derzeit nur eine einzige deutsche Botschaft, genauer gesagt ein deutsches Generalkonsulat, eidesstattliche Versicherungen entgegen. Dies dürfen nämlich nur deutsche Konsularbeamte mit besonderer Qualifikation, sogenannte Konsularbeamte 1. Klasse. Deshalb verweist etwa die deutsche Botschaft in der Westküstengroßstadt Vancouver (immerhin gut 2,7 Millionen Einwohner) alle Antragsteller an das deutsche Generalkonsulat in Toronto (siehe hier).

4.500 Kilometer für einen 20-Minuten-Termin in der deutschen Botschaft

Das ist betrüblich für alle Antragsteller, die in Kanada an der Westküste oder Landesmitte wohnen. Sie haben dann nämlich nur die Wahl, entweder nach Toronto zu reisen (von Vancouver nach Toronto sind es stolze 4.500 km), wo man übrigens in Covid-Zeiten mindestens drei bis sechs Monate auf einen Termin wartet, oder eben gleich nach Deutschland.

Alternative USA?

Wer nun auf die Idee kommt, man könne die Mandanten ja „south of the border“ nach San Francisco schicken: Klappt auch nicht, weil die dortigen deutschen Botschaften in USA örtlich unzuständig sind, wenn der Antragsteller in Kanada wohnt.

Befreiung von der Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung?

Theoretisch gibt es noch die Möglichkeit, das für den Erbscheinsantrag zuständige deutsche Nachlassgericht darum zu bitten, eine Ausnahme zu erteilen, den Antragsteller also von der Pflicht zu befreien. Das ist allerdings mühsam und die Entscheidung steht im Ermessen des Nachlassgerichts. In sehr einfachen und völlig unproblematischen Fallkonstellationen mag es gelingen, darauf verlassen kann man sich aber nicht.

Fazit

In solchen Erbfall-Konstellationen, in denen kein Miterbe in Deutschland wohnt, kann dieses formelle Erfordernis einer eidesstattlichen Versicherung die Erteilung des Erbscheins um viele Monate verzögern. Wer also ein Testament mit Auslandsbezug erstellt, sollte einmal konkret durchdenken, was ihre/seine Erben später im Ernstfall tun müssen, um an den Erbschein zu kommen. Stellt man dabei praktische Hürden fest, sollte man die Nachlassplanung anpassen und Alternativen wählen, etwa einen Vertrag zugunsten Dritter, einen Living Trust, eine Vollmacht über den Tod hinaus oder eine aufschiebend bedingte Schenkung zu Lebzeiten. Mehr dazu in diesen Videos:

Weitere Infos zu Erbfällen mit Bezug zu Kanada in diesem Beitrag