Europcar-Mietwagen in England kostet Mandant 15.000 Euro

Bei Fahrfehler im Linksverkehr zahlt die Kaskoversicherung nicht

Ein alltäglicher Sachverhalt mit unschönem Ausgang: Unser Mandant, ein deutsches mittelständisches Unternehmen, schickt einen jungen Mitarbeiter auf eine 4-Tages-Geschäftsreise nach England. Die Personalabteilung bucht bei Europcar.de online ein Auto, zum Glück nur einen Kleinwagen, und erhält eine Reservierungsbestätigung von Europcar Deutschland GmbH. Die Bestätigung enthält unter anderem den Text:

Ihre Tarifdetails: Im Preis inklusive: – Vollkaskoschutz Selbstbeteiligung: GBP 1 000.00 exklusive MwSt. …

Der Mitarbeiter fliegt nach London, holt am Flughafen Heathrow den Wagen ab und unterschreibt – etwas naiv – alle möglichen Zettel, darunter auch die Bestätigung, dass er selbst Vertragspartner ist und die „Terms“ akzeptiert, immerhin schlanke 12 Seiten in juristischem Englisch. Er versteht natürlich nicht, was er da unterschreibt, sondern meint, es läuft alles auf den Arbeitgeber.

Los geht die Reise: Der Mitarbeiter fährt zum ersten Mal in seinem Leben im Linksverkehr. Die Straßen rund um den geschäftigen Heathrow Airport sind nicht unbedingt das beste Trainingsgelände für Linksverkehr-Einsteiger. Es kommt wie es kommen muss: Nach einem unübersichtlichen Kreisverkehr fädelt er sich aus Gewohnheit auf die falsche Fahrbahn ein, erschrickt beim ersten Gegenverkehr und zieht im Reflex nach rechts statt nach links. Totalschaden des Wagens. Da es sich gottlob um eine relativ alte Laube gehandelt hat, beträgt der Restwert „nur“ ca. 15.000 Euro.

Nun denkt sich der Arbeitgeber in Deutschland: Dann zahlen wir halt die Selbstbeteiligung von 1.000 Pfund, den Rest übernimmt ja die Versicherung. Weit gefehlt: Europcar UK verlangt die vollen 15.000 Euro. Und zwar vom Fahrer, denn der sei Vertragspartner und die Versicherung sei wegen „negligence“ und „breach of the contractual duties“ nicht zur Regulierung verpflichtet. Zitat Europcar UK:

Although you did purchase the £1000 excess insurance product, this coverage would have been voided because the accident was caused by yourself by driving down the wrong side of the road and therefore, was in breach of our Terms and Conditions of your rental.

Europcar weist darauf hin, dass man sich zwar auch gegen einen solchen Fall hätte versichern können, der Fahrer habe am Flughafen aber angekreuzt, nur eine „normale Kaskoversicherung“ zu wollen. Rechts fahren im Linksverkehr führe nach englischer Rechtsprechung stets zum Haftungsausschluss.

Europcar ignoriert bislang den Hinweis, dass der Vertrag bereits durch die Online-Buchung mit Europcar GmbH zustande gekommen ist, und zwischen Europcar und der deutschen Firma, nicht dem Mitarbeiter. Dort geht man stur davon aus, dass allein wesentlich ist, was der Mitarbeiter am Flughafen unterschrieben hat. Leider nehmen englische Gerichte in einem solchen Fall deren Zuständigkeit an, so dass ein Prozess auf der Insel stattfinden müsste, zu den bekanntlich extrem hohen Kosten.

Im konkreten Fall verhandeln die Parteien noch über einen Kompromiss. Schmerzhaft teuer ist der ganze Spaß für den Mandanten in jedem Fall. Wer einen Mietwagen im Ausland mietet, sollte daher unbedingt darauf achten, wo im Ernstfall der Gerichtsstand ist, welches Recht zur Anwendung kommt und unter welchen Voraussetzungen die Kfz-Haftpflichtversicherung die Regulierung verweigern kann. Und man muss die Mitarbeiter instruieren, bei der Abholung nichts zu unterzeichnen, was die vorher getroffenen Vereinbarungen konterkariert.

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Unsere 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert. Mitglied unserer Kanzlei ist die als UK Solicitor qualifizierte Kollegin Elissa Jelowicki, die bei der RAK München als Niedergelassene Europäische Rechtsanwältin registriert ist. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).