Testamente werden in Deutschland und Österreich oft unterschiedlich ausgelegt

Zum Beispiel ein Testament zugunsten des nicht-ehelichen Lebenspartners

Vorsicht bei Umzug von/nach Österreich: Testaments-Check oder ausdrückliche Rechtswahl sinnvoll

Setzt jemand im Testament seinen Lebensgefährten, also den Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft, zum Erben ein und geht diese Lebensgemeinschaft dann später irgendwann auseinander, so führt das im deutschen Recht zu einem völlig anderen Ergebnis als in Österreich.

In Österreich wird Erbeinsetzung des Lebenspartners automatisch unwirksam

Das österreichische Erbrecht ordnet nämlich in § 725 Abs. 1 ABGB ausdrücklich an:

Mit Auflösung der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft oder der Lebensgemeinschaft zu Lebzeiten des Verstorbenen werden davor errichtete letztwillige Verfügungen, soweit sie den früheren Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten betreffen, aufgehoben, es sei denn, dass der Verstorbene ausdrücklich das Gegenteil angeordnet hat. Das Gleiche gilt für die Aufhebung der Abstammung oder den Widerruf oder die Aufhebung der Adoption, auch wenn sie nach dem Erbfall erfolgt, für letztwillige Verfügungen zugunsten des früheren Angehörigen.

§ 725 Abs. 1 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich)

Das österreichische Erbrecht enthält also die gesetzliche Vermutung, dass der/die Testamentsersteller/in die Erbeinsetzung nicht mehr wünscht. Falls doch, falls also der Ex-Lebenshefährte trotz Trennung trotzdem weiterhin erben soll, muss man das ausdrücklich im (ursprünglichen) Testament so anordnen bzw. nach der Trennung ein neues (Ergänzungs-)Testamrnt erstellen.

Anders im deutschen Erbrecht

Eine ähnliche Norm kennt das deutsche Erbrecht mit § 2077 BGB.

§ 2077 Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen bei Auflösung der Ehe oder Verlobung: (1) Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist. Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das Gleiche gilt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes berechtigt war, die Aufhebung der Ehe zu beantragen, und den Antrag gestellt hatte.(2) Eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Verlobten bedacht hat, ist unwirksam, wenn das Verlöbnis vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.(3) Die Verfügung ist nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für einen solchen Fall getroffen haben würde.

§ 2077 Bürgerliches Gesetzbuch (Deutschland)

Aber eben nur ähnlich, denn die deutsche Norm greift nach ihrem Wortlaut nur ein bei Ehegatten und Verlobten. Nicht-eheliche Lebenspartner sind – anders als im österreichischen Gesetzestext – nicht erwähnt. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat am 31.5.2001 auch entschieden (Aktenzeichen: 1Z BR 3/01), dass dieser Paragraf nicht analog auf eine nicht-eheliche Lebensgemeinschaft („wilde Ehe“) angewendet werden kann.

Ein weiterer interessanter Unterschied ist, dass nach § 2077 Abs. 3 BGB sogar im Fall der Ehescheidung kein absoluter Automatismus greift, sondern der geschiedene Ehegatte immer noch Anhaltspunkte (außerhalb des Testaments) vortragen kann, wonach der Verstorbene trotz Scheidung gewollt hat, dass es bei der letztwilligen Verfügung bleibt.

Das österreichische Erbrecht ist da strenger. Dort muss der Erblasser diese Abweichung von der gesetzlichen Vermutung explizit ins Testament schreiben.

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