Wie vollstreckt man ausländische Schiedssprüche in Deutschland?

Die Vollstreckung aus Arbitration-Urteilen: Checkliste, Muster, Kosten

International tätige Firmen vereinbaren in ihren Verträgen mit ausländischen Geschäftspartnern häufig, dass im Fall eines Rechtsstreits nicht ein staatliches Gericht entscheiden soll, sondern ein von den Vertragsparteien selbst gewähltes Schiedsgericht (Arbitration). Es entscheiden dann nicht „irgendwelche“ Richter, sondern Experten, deren Nationalität, Branchenkenntnisse, juristische Qualifikation, Verhandlungssprache etc. die Parteien vorher selbst definiert haben.

Die Vorteile (Geheimhaltung des Rechtsstreits, Branchenexperten als Schiedsrichter, Flexibilität bei Verfahrensregeln, etwa virtuelle Verhandlungstermine u.a.m.) sowie die Risiken einer solchen Schiedsklausel erkären wir in diesem Beitrag

sowie in diesem dieses Video:

Das Schiedsverfahren selbst ist aber natürlich noch nicht das Ende. Man muss die Entscheidung auch dort vollstrecken können, wo der Gegner Vermögen besitzt.

Wie vollstreckt man aus dem Schiedsspruch?

Hat eine Vertragspartei nach vielen Monaten dann endlich eine positive Entscheidung beim Schiedsgericht erstritten, den sogenannten Arbitration Award, stellt sich die Frage, wie man diese Entscheidung nun in Deutschland vollstreckt bekommt. Deutsche Gerichtsvollzieher und deutsche Vollstreckungsgerichte werden nämlich nur tätig, nachdem die Entscheidung des (ausländischen) Arbitration Panel durch ein deutsches Gericht „scharf geschalten“ wurde. Hierfür muss die Partei, die aus dem Schiedsspruch in Deutschland vollstrecken will, einen Antrag stellen. Wie das geht und welche Kosten das auslöst, zeigen wir an einem konkreten Beispiel.

Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs

Das deutsche regelt die Vollstreckung aus ausländischen Schiedsurteilen in §§ 1061, 1062 ZPO. Hier eine Checkliste der Voraussetzungen:

A) Zuständiges Gericht (§ 1062 ZPO)

  1. Sachlich zuständig für die Vollstreckbarerklärung sind ausschließlich die Oberlandesgerichte (OLG).
  2. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich: (a) aus der Schiedsvereinbarung, wenn dort eine entsprechende Regelung enthalten ist; (b) aus dem Sitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Antragsgegners (also der Partei, gegen die vollstreckt werden soll); (c) aus der Belegenheit des Vermögens, in das vollstreckt werden soll (also zum Beispiel eine Immobilie oder ein Bankkonto in Deutschland).

B) Gegenstand des Antrags (echter ausländischer Schiedsspruch)

Ob ein Schiedsspruch im Sinn des § 1061 ZPO vorliegt, ist nach dt. Recht zu beurteilen. Die Entscheidung muss einem dt. Schiedsspruch nach § 1054 BGB „funktional äquivalent“ sein, wobei das strenge Formerfordernis des § 1054 ZPO aber nicht unbedingt erfüllt sein muss.

Nicht zulässig als Antragsgegenstand sind: vorläufige oder sichernde Maßnahmen, Zwischenurteile (z.B. über Zuständigkeit des Schiedsgerichts, prozessuale Streitpunkte), eine ausländische Entscheidung, die einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt (Exequaturenentscheidung)

Ausländisch ist der Schiedsspruch, wenn er von einem Schiedsgericht außerhalb Deutschlands erlassen wurde (§ 1025 Abs. 1 ZPO)

C) Unterlagen

Zwingend erforderliche Unterlagen:

  • Schiedsspruch in Original oder beglaubigter Abschrift Beglaubigung durch den für das Vollstreckbarkeitsverfahren bevollmächtigen Rechtsanwalt genügt in der Regel. Beglaubigung muss gesamte Urkunde und sämtliche Unterschriften der Schiedsrichter erfassen. Zur Beschleunigung des Verfahrens sollte man dem Antrag zumindest eine beglaubigte Übersetzung des Entscheidungstenors beizufügen

Nicht bzw. nur nach Aufforderung des Gerichts erforderliche Unterlagen (wobei es natürlich zeitraubende Rückfragen des Gerichts ersparen kann, wenn man von Anfang an auch weitere Unterlagen mit einreicht):

  • Schiedsvereinbarung ist nicht erforderlich, nur Schiedsspruch
  • Übersetzung des Schiedsspruchs nur nach Aufforderung des Gerichts.

Muster: Formulierungsbeispiel Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs

An das 

Oberlandesgericht [Ort]

– Zivilsenat –

In Sachen

[ X. / X.]

beantragen wir unter Vollmachtsvorlage:

  1. den am [DATUM] vor dem Schiedsgericht in [ORT], bestehend aus den Schiedsrichtern [NAMEN], erlassenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.

Der zu vollstreckende Schiedsspruch lautet:

[Tenor bzw. Schiedsspruch]
  • Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Begründung:

Die Parteien hatten im Rahmen ihrer Vertragsbeziehung über [näheres zum Vertragsgegenstand] schriftlich vereinbart, alle Streitigkeiten aus dieser Beziehung durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen, das aus [Namen] bestehen sollte.

Das entsprechend der Vereinbarung zusammengesetzte Schiedsgericht hat am [DATUM] den im Antrag bezeichneten Schiedsspruch erlassen.

Beweis: anwaltlich beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vom            

Dieser Schiedsspruch ist nach den für das Schiedsverfahren maßgeblichen [LAND] Recht verbindlich geworden und nicht mehr abänderbar.

Anerkennungsversagungsgründe i.S. des § 1061 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. V des UNÜ liegen nicht vor.

Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt daraus, dass

  • es in dem Schiedsvertrag bezeichnet worden ist,
  • der/die Antragsgegner/in in [ORT] , also im Bezirk des Oberlandesgerichts ihren Sitz hat,
  • der/die Antragsgegner/in Eigentümer/in eines Grundstücks in [ORT] , also im Bezirk des Oberlandesgerichts ist.
  • der/die Antragsgegner/in Eigentümer/in unterhält eine Bankkonto bei der [NAME der Bank] in [ORT], also im Bezirk des Oberlandesgerichts.
[Nicht erforderlich, aber sinnvoll: Eventuell: Zur Beschleunigung des Verfahrens werden weiter eine anwaltlich beglaubigte Abschrift der Schiedsvereinbarung sowie Übersetzungen der Vereinbarung und des Schiedsspruchs vorgelegt.]

Graf & Partner, Rechtsanwälte

Kosten des Verfahrens

Streitwert für GK und RA-Kosten:

  • Wert der Hauptsache ohne Zinsen und Kosten

Gerichtskosten:

  • 2 Gerichtsgebühren gem. Nr. 6120 KV GKG (Wert der Hauptsache ohne Zinsen und Kosten)

Anwaltsgebühren:

  • 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 ff VV RVG
  • ggfls. 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG

Berechnungsbeispiel bei Streitwert 1,5 Mio Euro

Mit Terminsgebühr:

1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG                                           8.890,70 Euro

1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG                                                8.206,80 Euro

Auslagen Nr. 7002 VV RVG                                                                       20,00 Euro

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG                                                            3.252,33 Euro

Summe RA-Kosten:                                                                           20.369,83 Euro

Gerichtskosten 2,0 Nr. 6120 KV GKG                                              15.722,00 Euro

Gesamtsumme (RA-Kosten + GK)                                               36.091,83 Euro

Ohne Terminsgebühr:

1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG                                           8.890,70 Euro

Auslagen Nr. 7002 VV RVG                                                                       20,00 Euro

19 % MwSt. Nr. 7008 VV RVG                                                            1.693,03 Euro

Summe RA-Kosten:                                                                           10.603,73 Euro

Gerichtskosten 2,0 Nr. 6120 KV GKG                                              15.722,00 Euro

Gesamtsumme (RA-Kosten + GK)                                               26.325,73 Euro

Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Rechtsanwalt Schmeilzl und sein Team von Prozessanwälten sind Experten für deutsch-englisches sowie deutsch-amerikanisches Recht. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).

Foto im Header des Beitrags von Drew Beamer on Unsplash