Englische Familiengerichte lassen sich ihre Entscheidungsfreiheit nicht nehmen

Die kurze Antwort auf die Frage in der Überschrift ist: Nein, ein deutscher Ehevertrag gilt in England nicht. Jedenfalls nicht als verbindlicher Vertrag, denn ein englisches Familiengericht wendet erstens immer englisches Recht an und lässt sich zweitens nicht in seiner Entscheidungsfreiheit einschränken, welche Vermögensverteilung im Scheidungsfall fair und angemessen ist.

Eheverträge (Pre-Nuptials) sind in England & Wales daher immer nur „unverbindliche“ Absprachen zwischen den Eheleuten, die der englischen Familienrichter später im Scheidungsverfahren akzeptieren kann oder eben auch nicht.

Hält das Pre-Nuptial Agreement die strengen formellen und inhaltlichen Anforderungen des englischen Rechts ein, die ich hier im Detail erläutert habe, muss das Gericht den Inhalt des Ehevertrags bei seiner Entscheidung im Scheidungsverfahren wenigstens „angemessen berücksichtigen“ („… give it considerable weight…“), d.h. das Gericht darf davon nicht ohne gute Gründe abweichen.

Normale deutsche (notarielle) Eheverträge erfüllen aber die Anforderungen des englischen Rechts in aller regel nicht. Es fehlt vor allem die „financial disclosure“, also die Offenlegung der beiderseitigen Vermögens- und Einkommensverhältnisse.

Was können deutsch-britische Ehepaare tun?

Deutsch-britische Paare, aber auch rein deutsche Ehepaare, die ihren Wohnsitz nach England verlegen, dauerhaft oder nur aus beruflichen Gründen für ein paar Jahre (German Expats in UK), sind mit einem rein deutschen Ehevertrag deshalb nicht abgesichert, wenn die Scheidung in UK stattfindet. Das ist vor allem für den reicheren Ehepartner betrüblich, weil der dann die Hälfte seines Gesamtvermögens los ist. Details erkläre ich in diesem Post HIER und in diesen beiden Videos

Wie lösen solche internationale Paare das Problem? Am besten mit einer Kombination aus deutschem Ehevertrag und einer zusätzlichen Vereinbarung, die die Anforderungen des englischen Familienrechts erfüllt.

Viele unserer Mandanten (darunter Unternehmer, prominente Schauspieler, Sänger, Models und Profisportler) wollen aber partout ihr Vermögen nicht offen legen. Nun, dann kann man trotzdem eine Zusatzvereinbarung abschließen, die dem englischen Recht möglichst nahe kommt. Ob es im Ernstfall halten würde, wird man dann sehen. Aber gar kein Ehevertrag führt in England eben zum 50:50 Split des gesamten Vermögens – nicht nur des Zugewinns.

Eine Liste der Vorteile und Risiken einer vorehelichen Vereinbarung (Pre-Nuptial) haben wir in diesem Mandantenbrief zusammengestellt:

Mehr zum englischen Familienrecht in diesen Beiträgen (klicken Sie hier)

Cross Channel Lawyers ist ein Netzwerk von Anwälten, die auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Rechtsfälle spezialisiert sind. Gegründet 2003 von Graf & Partner und deren Prozessrechtsabteilung. Die Familienrechtsabteilung berät internationale Paare – selbstverständlich auch LGBT-Paare – bei Fragen rund um die Themen Eheverträge und – wenn nötig – internationale Scheidung. Rechtsanwalt Schmeilzl verfasst den Länderbericht „Familienrecht England & Wales“ im BGB-Kommentar des NOMOS Verlags und ist ausgewiesener Fachmann insbesondere für die Themen deutsch-englischer Ehevertrag sowie deutsch-britische Scheidung.

Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 463 7070.

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