Haftungsbeschränkungen sind meist unwirksam

Vertragsklauseln zur Haftungsbeschränkung schießen meist über das Ziel hinaus

Wenn Nichtjuristen einen Vertrag gestalten, denken sie oft „viel hilft viel“ und schreiben in den Vertrag Haftungsklauseln wie „Jede Haftung ist ausgeschlossen“ oder „Die Haftung für Schadensersatz ist auf das Vertragsvolumen beschränkt“. Solche Klauseln kann man sich sparen, da sie im Ernstfall schlicht unwirksam sind.

Aber auch ausführlicher formulierte Haftungsbeschränkungsklauseln schießen oft noch über das Ziel hinaus oder vergessen, die Haftungsbeschränkung für solche Bereiche wieder auszunehmen, in denen man eine Haftungs schlicht nicht oder nur unter bestimmten Umständen beschränken kann.

Risiko: Verwendung englischer Vertragsmuster

Ein weiterer Grund, warum in Deutschland so viele Haftungsklauseln unwirksam sind ist, dass die Vertragspartner – obwohl inhaltlich deutsches Recht gelten soll – häufig englische oder US-amerikanische Vertragsmuster (Templates) verwenden, entweder gleich im englischen Originaltext oder in einer deutschen Übersetzung.

Man ändert schlicht am Ende des Vertrags die Klausel zum anwendbaren Recht und denkt, man hat damit einen prima Vertrag mit professioneller Haftungsklausel abgeschlossen. Nun ja. In UK oder USA wäre das wohl auch so. Nach deutschem Recht, insbesondere deutscher BGH-Rechtsprechung zur Wirksamkeit (oder besser Unwirksamkeit) von Haftungsbeschränkungsklauseln, hat man leider mit Zitronen gehandelt.

Denn die typischen Standardformulierungen aus den britischen oder amerikanischen Verträgen verstoßen reihenweise klar gegen die Vorgaben der deutschen Rechtsprechung zur zulässigen Vertragsgestaltung. Kracht es später zwischen den Vertragsparteien, stellt der Prozessanwalt fest, dass die Klausel schlicht unwirksam ist. Und zwar meist komplett, nicht nur ein Absatz. Stichwort: Verbot der geltungserhatenden Reduktion. Im Ergebnis greift dann gar keine Haftungsbeschränkung, sondern es gelten schlicht die gesetzlichen Regeln des BGB und HGB.

Den Vertragspartner ins Messer laufen lassen

Wenn man also zum Beispiel der Auftraggeber ist und daher gar keine Haftungsbeschränkung will, ist es daher ein beliebter Trick von Vertragsgestaltungsprofis, die Gegenseite (also den Auftragnehmer / Dienstleister) den Vertrag entwerfen zu lassen und die – für einen Anwalt offensichtlich als unwirksam erkennbare – Klausel zur Haftungsbeschränkung einfach drin zu lassen. Im Ernstfall fliegt dem Dienstleister die vermeintlich schützende Haftungsklausel, die doch so schön klingt, dann im Zivilprozess um die Ohren.

Beispiel für eine wirksame Haftungsbeschränkungsklausel

Aber was darf man denn jetzt überhaupt? Hier ein Beispiel, wie man eine vertragliche Haftungsbeschränkung formulieren kann, die (wahrscheinlich) im Ernstfall hält und vor den Augen des Gerichts Gnade findet. Man sieht, kurz und knackig geht das leider nicht. Und: natürlich übernehmen wir keine Haftung (hi hi), dass die folgende Fomulierung in jedem Fall der gerichtlichen Prüfung standhält.

§ XY: Haftung und Gewährleistung

(1) Der Auftraggeber hat sämtliche Leistungen des Auftragnehmers jeweils innerhalb von vierzehn (14) Tagen nach Leistungserbringung auf Mängel zu untersuchen und festgestellte Mängel der Leistungen dem Auftragnehmer unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Im Falle von Mängeln ist der Auftragnehmer verpflichtet, solche Mängel innerhalb einer angemessenen Frist, die vom Auftraggeber gesetzt wird, zu beseitigen. Im Übrigen bestimmen sich die Rechte des Auftraggebers bei einer nicht vertragsgemäßen Erbringung der Leistungen ausschließlich nach den Kündigungs- und Haftungsregelungen des Vertrages.

(2) Der Auftragnehmer ist zum Schadenersatz verpflichtet, wenn und soweit der entstandene Schaden durch Vorsatz oder durch Fahrlässigkeit des Auftragnehmers selbst, seinen gesetzlichen Vertretern oder seinen Erfüllungsgehilfen verursacht wird.

(3) Im Fall von Vorsatz haftet der Auftragnehmer in voller Höhe. Ebenso bei fahrlässig verursachten Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit.

(4) In den übrigen Fällen ist die Haftung des Auftragnehmers auf einen Gesamtbetrag in Euro in Höhe von 100% der unter diesem Vertrag gezahlten jährlichen Nettovergütung pro Kalenderjahr beschränkt. Die Haftung für Folgeschäden und entgangenen Gewinn ist ausgeschlossen.

(5) Eine Haftung für fahrlässig verursachte Sach- und Vermögensschäden besteht nur bei der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht, jedoch der Höhe nach beschränkt auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren und vertragstypischen Schäden. Wesentliche Vertragspflichten sind solche, deren Erfüllung den Vertrag prägt und auf die der Auftraggeber vertrauen darf.

(6) Soweit die Haftung nach diesen Bedingungen ausgeschlossen oder begrenzt ist, gilt dies auch für die persönliche Haftung der Organe des Auftragnehmers, der Angestellten, Arbeitnehmer, Mitarbeiter, Vertreter, Erfüllungsgehilfen und Subdienstleister des Auftragnehmers.

(7)Die vorstehenden Haftungsbegrenzungen finden auf Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz keine Anwendung.

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In der Praxis findet man derart ausführliche, professionell formulierte Klauseln selten. Selbst große Unternehmen sind bei diesem Thema oft naiv und hemdsärmlig unterwegs. Man macht sich als Anwalt auch nicht beliebt, wenn man dem Mandanten seine schöne kurze „Wir haften für nichts“-Klausel aus dem Vertragsentwurf streicht und durch eine sprödes Monsterklausel wie oben ersetzt. Oft argumentieret der Geschäftsführer dann: „Wenn man die Haftung nur so wenig beschränken kann, bringt es uns ja gar nichts!“

Well, yes. Das kann man so sehrn. Aber es hilft nichts. Der Spielraum für Haftungsbeschränkungsklauseln ist in Deutschland leider sehr eng.

Wer hier mehr Handlungsspielraum will, kann darüber nachdenken, englisches oder US-amerikanisches Recht zu wählen. Das schafft dann aber natürlich wieder andere Risiken und Probleme.

Weitere Informationen zur Vertragsgestaltung in Englisch, zum anglo-amerikanischen Gesellschaftsrecht und zu internationalen Unternehmensverkäufen finden Sie in diesen Beiträgen:

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Die 2003 gegründete Wirtschaftskanzlei Graf & Partner und deren Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Litigation) ist auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Unternehmensverkäufe (M&A Deals), Wirtschaftsstreitigkeiten, internationale Nachlassplanung (Estate Planning) und Erbfälle.

Falls Sie bei einer britisch-deutschen oder amerikanisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte von Graf & Partner sowie unsere britischen Partner gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).