Ein „Notary Public“ in den USA oder Großbritannien ist nicht mit einem deutschen Notar vergleichbar

Deutsche Notare sind Top-Juristen. Nur die besten Absolventen des zweiten juristischen Staatsexamens erhalten vom jeweiligen Bundesland das Angebot, die Laufbahn eines Notars einzuschlagen. Wer sich dafür entscheidet, durchläuft dann als sogenannter Notaranwärter noch einmal eine mehrjährige zusätzliche Ausbildung. Qualifiziertere Juristen wird man also schwerlich finden.

Völlig anders die „Notary Publics“ im anglo-amerikanischen Rechtssystem

Die Notaries bzw. Notaries Public in den USA und in UK sind in Ausbildung, Qualifikation, Befugnissen und Kompetenz nicht ansatzweise mit Notaren deutscher oder französischer Prägung vergleichbar. Ein Notary Public ist in aller Regel nicht einmal Jurist, wobei es allerdings vorkommt, dass US-Anwälte „nebenher“ als Notary Public agieren.

Die Aufgabe eines Notary Public ist die bloße Beglaubigung von Dokumenten bzw. die Bestätigung der Identität einer Person. Einem Notary Public in den USA ist es sogar ausdrücklich verboten, eine juristische Meinung (Legal Opinion) abzugeben oder gar Rechtsrat zu erteilen.  In vielen Bundesstaaten darf ein Notary Public zum Beispiel nicht einmal eine Patientenverfügung (Living Will) oder ein Testament beglaubigen.

Wie wird man Notary Public?

Die Voraussetzungen, um in den USA zum Notary Public bestellt zu werden, sind überschaubar. Hier die wichtigsten Kriterien, die in den meisten Bundesstaaten ähnlich sind:

  • mindestens 18 Jahre alt
  • nicht vorbestraft (background check)
  • standardisierte Prüfung (Fragebogen-Test von unter einer Stunde, ähnlich einer Führerscheinprüfung)
  • Abgabe eines Eides (Oath)
  • Gebühr (meist einige hundert Dollar)

Die meisten Bundesstaaten verlangen keine vorherige Teilnahme an einem Lehrgang oder einer Schulung. Auf den Test bereiten sich die meisten angehenden Notaries im Selbststudium vor. Doch selbst in Bundesstaaten, die einen Vorbereitungskurs verlangen, zum  Beispiel Kalifornien, genügt meist ein Online-Tutorial, zum Beispiel ein 6-stündiger Videokurs, siehe hier.

Weitere Informationen zu den Zulassungsvoraussetzungen auf der Website der National Notary Association sowie auf den offiziellen Seiten der Justizministerien der einzelnen Bundesstaaten.

Ist die Tätigkeit als Notary Public lukrativ?

Eher nicht, denn in den meisten US-Bundesstaaten gibt es gesetzlich festgelegte fixe Gebühren (statutory fees) für die einzelnen Tätigkeiten eines Notary Public. Am Beispiel Connecticut sieht man, dass ein Notary Public wohl selten reich werden dürfte:

Connecticut notary fees are set by statute (§3-95). The maximum allowable fees that a Connecticut notary public may charge for notarial acts are listed below:

 

  • Acknowledgments – $5.00
  • Oaths or affirmations – $5.00
  • Jurats – $5.00
  • Depositions – $5.00
  • Copy certifications – $5.00
  • Protests – $5.00

 

Auch aus diesen niedrigen Gebühren erkennt man, dass es hier nicht um juristischen Rat geht, sondern dass sich die Tätigkeit des Notary Public in einer reinen Beglaubigung von Dokumenten oder Unterschriften erschöpft. In der Praxis haben manche Mitarbeiter von USA Postfilialen, UPS Stores oder sogar Copy Shops die Notary Public „Zulassung“ und bieten diese Dienste als Nebenleistung an, siehe zum Beispiel hier Notary Service at the UPS Store.

Weitere Infos zum Recht der USA finden Sie hier

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