Weigert sich der mögliche Papa in den USA, eine DNA-Probe abzugeben, helfen die U.S. Marshals

Behauptet eine in Deutschland lebende Frau, der Vater ihres Kindes sei ein US-Amerikaner, der nun wieder zurück in die Heimat abgereist ist, gibt es drei Möglichkeiten:

(1) Der potentielle Vater will selbst wissen, ob er wirklich der Erzeuger ist und kooperiert, gibt also freiwillig eine DNA-Probe ab (wenn er nicht sogar gleich die Vaterschaft anerkennt).

(2) Oder er weigert sich, die Mutter kennt aber wenigstens seine Wohnanschrift.

(3) Am schwierigsten wird es, wenn die Mutter nicht einmal die aktuelle Wohnadresse oder den Arbeitsort kennt des „flüchtigen“ Vielleicht-Papas kennt.

Steht die Mutter auf verlorenem Posten?

Schon bei Variante 2 denkt man, das wird schwierig. Spätestens bei Konstellation 3 würden wohl die meisten Rechtsanwälte spontan die Einschätzung abgeben, dass die Mutter wohl ziemlich chancenlos ist. Wie soll man den möglichen Vater in den USA finden und von Deutschland aus zur Abgabe einer DNA-Probe zwingen?

Der „US Marshals Service“ löst das Problem

Erstaunlicherweise ist aber selbst diese Fallkonstellation gar nicht so aussichtslos, wie man zunächst denkt!

Natürlich dauert es einige Monate, weil die Mutter (bzw. das Kind, vertreten durch die Mutter), erst einmal die formelle Vaterschaftsfeststellung beim örtlich zuständigen Familiengericht beantragen muss (Details dazu sind hier geregelt: §1600d BGB, §§23, 171 FamFG) und das Familiengericht im Rahmen dieses Feststellungsverfahrens dann einen formellen Beweisbeschluss erlassen muss (§169 Nr. 1 FamFG, § 30 Abs. 1 FamFG, i.V.m. 355 ff ZPO). Es gelten also, wie in einem normalen Zivilprozess, die Grundsätze des sog. Strengbeweises.

In unserem Fall also die Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen, in der Praxis also die Vorlage eines schriftlichen Gutachtens über das Ergebnis eines ordnungsgemäß durchgeführten DNA-Tests.

Ein „heimlicher“ DNA-Test ohne Wissen des (möglichen) Vaters ist in Deutschland verboten. Es hilft der Mutter als nichts, wenn sie noch die Zahnbürste, einige Haare oder Hautschuppen ihres nach USA geflüchteten Freundes findet. Kein deutsches DNA-Labor wird sich bereit erklären, dieses DNA-Material zu testen, ohne dass (i) ein verlässlicher Herkunftsnachweis vorliegt und (ii) der Betroffene einwilligt der die Einwilligung durch eine Anordnung des Gerichts ersetzt wird. Und selbst wenn die Mutter einen solchen „heimlichen Test“ durchführen lässt, etwa im Ausland, wo laxere gesetzliche Vorschriften gelten, dann erkennt das Familiengericht das Ergebnis nicht an.

Familiengericht erlässt Beweisbeschluss

Hat das deutsche Gericht die Durchführung eines Tests gegen den möglichen Vater angeordnet, muss diese Anordnung in das US-Justizwesen „eingespeist“ werden und dort für vollstreckbar erklärt werden. Das ist einigermaßen mühsam und langwierig.

Jetzt kommen die Marshals

Aber wenn all diese formellen Vorbereitungsschritte erledigt sind, machen sich die United States Marshals auf den Weg, um den Papa wider Willen zu suchen und den Beweisbeschluss umzusetzen. Und die US Marshals finden in USA so ziemlich jeden.

Der Begriff klingt nach alten John Wayne Western, doch das täuscht. Die bereits vor 230 Jahren ins Leben gerufene Polizeieinheit ist hochmodern ausgerüstet und effizient. US Marshals kämpfen heute auch Cyber-Kriminalität: https://www.coindesk.com/policy/2020/06/09/us-marshals-service-seeks-firm-to-custody-and-sell-crypto-seized-from-criminals/

Zu den Kernaufgaben des US Marshals Service gehören neben

  • Personenschutz (für US Justizbeamte),
  • Zeugenschutz,
  • Gefangenentransport,
  • Unterbringung von Untersuchungshäftlingen

nämlich auch die Suche nach (geflohenen) Straftätern sowie die Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen aller Art.

Zur Kernkompetenenz der US Marshals gehört also speziell das Finden von leuten, die nicht gefunden werden wollen.

Zwangsweise Abnahme einer DNA-Probe in USA

Ist der mögliche Vater dann gefunden, wird eine DNA-Probe abgenommen, in der Regel durch Abstrich im Mund, und auf sicherem Weg nach Deutschland geschickt, in der Regel direkt an ein anerkanntes DNA-Testlabor.

Experte für Vaterschaftstests

Unsere Kanzlei ist seit 2003 auf deutsch-amerikanische und deutsch-britische rechtsfälle spezialisiert. Da wird auch der eine oder andere grenzüberschreitende DNA-Test nötig. Übrigens nicht nur Vaterschaftstests, weil der Papa nicht zahlen will. Häufig benötigen wir auch Verwandtschafts- und Abstammungstests in internationalen Erbfällen, wenn die Verwandtschaft mangels Urkunden anders nicht bewiesen werden kann.

Wir arbeiten hier seit Jahren mit einem ausgewiesenen Experten zusammen, dem Diplom-Biologen Christian Baumann, Sachverständiger für Abstammungsgutachten und Leiter des Labors Forensik-Abstammung bei Labor Staber.

Weitere Beiträge zum internationalen Familien- und Kindschaftsrecht:

Cross Channel Lawyers ist ein Netzwerk von Anwälten, die auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Rechtsfälle spezialisiert sind. Gegründet 2003 von Graf & Partner und deren Prozessrechtsabteilung. Die Familienrechtsabteilung berät internationale Paare – selbstverständlich auch LGBT-Paare – bei Fragen rund um die Themen Eheverträge und – wenn nötig – internationale Scheidung. Rechtsanwalt Schmeilzl verfasst den Länderbericht „Familienrecht England & Wales“ im BGB-Kommentar des NOMOS Verlags und ist ausgewiesener Fachmann insbesondere für die Themen deutsch-englischer Ehevertrag sowie deutsch-britische Scheidung. Mehr zum englischen Familienrecht hier

Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Partnerkanzlei gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 463 7070.

Titelfoto: iStock (Nutzungslizenz erworben 01/06/2022)