Gerichtsstandort Manchester schlägt London um Längen, vor allem bei Erbscheinsanträgen in England
Kürzlich pries ich hier den Gerichtsstandort Manchester in hohen Tönen, insbesondere das dortige Ziviljustizzentrum (Civil Justice Centre), das erst 2008 eröffnet wurde, also für britische Verhältnisse brandneu ist.
Dieses Lob kann ich nun sogar noch einmal unterstreichen, denn bereits vorgestern lag in einem deutsch-britischen Erbfall das Nachlasszeugnis in unserem Briefkasten. Vier Arbeitstage (!) nachdem ich in Manchester die eidesstattliche Versicherung (Oath) für den Erbscheinsantrag (Application for Grant of Probate) abgegeben habe. Spektakulär und einsamer Geschwindigkeitsrekord unter den von unserer Kanzlei in den letzten Jahren bearbeiteten gut 100 deutsch-englischen Nachlassfällen.
Das bedeutet nämlich zum einen, dass der englische Nachlassrichter (Probate Registrar) das Nachlasszeugnis noch am selben Tag der eidesstattlichen Versicherung ausgestellt hat. Und zum anderen, dass das Nachlassgericht Manchester den Brief an uns mit „First Class Mail“ verschickt hat, siehe Briefumschlag:
Wer öfter mit englischen Gerichten und Behörden zu tun hat weiß, dass das ganz und gar nicht selbstverständlich ist. Im Gegenteil sind die Behörden in Großbritannien angehalten, Post mit Second Class Mail zu verschicken. Darum dauert es in der Regel 20 bis 30 Tage, bis uns Behörden- und Gerichtspost aus England erreicht.
Das Nachlassgericht London (London Probate Registry) verschickt seine Post, auch das Original-Nachlasszeugnis, eben nur mit Standardmail (siehe hier zum Vergleich). Wenn man sich vor Augen führt, dass man bei einer normalen Nachlassabwicklung in England mindestens zwei Mal auf Gerichtspost aus England warten muss, nämlich einmal wegen des Wording für den Oath und zum anderen auf den Erbschein selbst, dann macht allein der Aspekt, ob das UK-Nachlassgericht seine Briefe erster oder zweiter Klasse verschickt, einen Unterschied von zwei Monaten bei der Fallbearbeitung aus. Für den Mandanten ein gewaltiger Unterschied, weil man mit der tatsächlichen Nachlassabwicklung (Kontoauflösung, Hausverkauf etc.) ja erst beginen kann, wenn man das originale Nachlasszeugnis in Händen hat. Hinzu kommt, dass kleinere Nachlassgerichte in England in der Regel auch viel kürzere Bearbeitungszeiten haben. Insgesamt kann es daher in Manchester sechs Monate schneller gehen als in London.
Da es in England keine feste örtliche Zuständigkeit eines Nachlassgerichts gibt, man also frei wählen kann, bei welchem Nachlassgericht man seinen Erbscheinsantrag stellen will (Details dazu hier), raten wir oft dazu, damit gerade nicht nach London zu gehen. In normalen Zivilprozessen ist das natürlich anders, dort gibt es feste örtliche Zuständigkeitsregeln.
Ein weiterer Vorteil des Nachlassgerichts Manchester im Vergleich zu London ist, dass man in Manchester keinen festen Individualtermin für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vereinbaren muss. Stattdessen gibt es an zwei Tagen der Woche „walk-in“ Zeiten, d.h. man kann unangekündigt erscheinen und den Oath abgeben. Diese Flexibilität macht es auch für uns Anwälte leichter, weil wir die eidesstattliche Versicherung einfacher mit anderen Mandatsbesprechungen in Manchester kombinieren können.
Zum Abschluss hier einige weitere lustige (außer für den jeweils betroffenen Mandanten) Praxisbeispiele aus unserer Kanzlei für den Postverkehr und Kurierdienste zwischen Deutschland und England.
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Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit sowie in Erbschaftsteuerfragen Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk in Europa sowie im außereuropäischen englischsprachigen Rechtsraum gerne zur Verfügung. In UK, Kanada sowie den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien.
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