Gibt es in Großbritannien bald keine Inheritance Tax mehr?

Der britische Premierminister Sunak hat laut Berichten der britischen Presse Päne, die britische Erbschaftsteuer (Inheritance Tax, abgekürzt IHT) komplett abzuschaffen oder wenigstens milder zu gestalten.

Auf den ersten Blick erscheinen die im gesamten Vereinigten Königreich (England, Wales, Schottland und Nordirland) geltenden 40 Prozent Erbschaftsteuer, die auf den Nachlass erhoben werden, in der Tat drakonisch. Allerdings führen die Freibeträge (nil rate bands) dazu, dass in der Praxis nur in weniger als 4 Prozent aller Todesfälle in UK überhaupt Erbschaftsteuer zu zahlen ist.

Dies liegt erstens daran, dass der überlebende Ehegatte oder registrierte Lebenspartner überhaupt keine Erbschaftsteuer zahlt, also komplett von jeder Inheritance Tax befreit ist, auch wenn einen Multi-Millionen-Vermögen vererbt wird (unlimited spouse exemption). Diese Befreiung ist aber abhängig vom Domicile, also vom Lebensmittelpunkt. Für Ehepartner, die außerhalb des UK leben, gilt nur ein limitierter Ehegattenfreibetrag.

Zweitens gelten für alle Erbfälle, in denen nicht der Ehepartner erbt, der allgemeine Erbschaftsfreibetrag (nil-rate band) von der derzeit 325.000 Pfund. Wichtig: Diesen Freibetrag gibt es nur ein einziges Mal auf die gesamte Erbmasse, nicht für jeden Begünstigten. In UK ist es also steuerlich egal, ob es einen Erben gibt oder zehn, die nil-rate band darf nur ein mal abgezogen werden.

Drittens können Kinder bzw. Enkel, die ein Wohnhaus (residential property) erben, zusätzlich den Wohnheimfreibetrag (residential nil-rate band) von derzeit 175.000 Pfund geltend machen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Ehepaar mit Kindern diesen KIndern ein Gesamtvermögen von einer Million Pfund steuerfrei übertragen kann.

Hinzu kommt, dass Schenkungen zu Lebzeiten in UK überhaupt keine Steuer auslösen, sofern der Schenker danach noch mindestens sieben Jahre lebt.

Und zu guter Letzt bestehen in UK sehr großzügige Steuerbefreiungen für „Betriebsvermögen“ (business relief). Die Voraussetzungen hierfür sind erheblich niedriger als in Deutschland. details in diesem Beitrag hier:

Fazit: In den allermeisten Erbfällen ist gar keine Steuer zu zahlen

Der britische Erbschaftsteuersatz von 40% klingt hoch, greift aber bei Ehegatten gar nicht und bei anderen Begünstigten erst ab einer relativ hohen Vermögensschwelle.

Dennoch will Premierminister Sunik die Steuer am liebsten abschaffen, obwohl sie 96 Prozent der Briten gar nicht betrifft. Hierfür wird der Multimillionär Sunik von Teilen der britischen Presse stark kritisiert, so etwa der Guardian in einem Kommentar vom 6.6.2023 https://www.theguardian.com/commentisfree/2023/jun/06/inheritance-tax-multimillionaire-desperate-tories-nadhim-zahawi

Mehr zur Erbschaftsteuer in Großbritannien und zur geschickten Nachlassplanung hier:

Weitere Informationen zu Erbfällen in England

Die Abwicklung eines Nachlasses in Großbritannien folgt völlig anderen Regeln als in Deutschland. Auf diesem Blog erklären wir in vielen Beiträgen das englische Erbrecht, die englische Erbschaftsteuer, warum zwingend immer ein Nachlassabwickler nötig ist und wie man das englische Nachlasszeugnis beantragt: Liste der Beiträge hier

Auf unserer weiteren Website www.erbschaft-in-england.de haben wir eine ausführliche Checkliste zusammengestellt, die auf vier Seiten die wichtigsten To Do’s auflistet und erklärt (PDF-Download hier).

Der Experte für deutsch-britische Erbfälle

Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, Master of Laws (Leicester) ist seit gut 20 Jahren Spezialist für die Abwicklung deutsch-britischer Erbfälle sowie die Gestaltung von Testamenten bei Vermögen im Ausland. Kontakt per E-Mail oder unter 0941 / 463 7070.