Gibt es in UK eine Gift Tax und was bedeutet Taper Relief?

Im Unterschied zu Deutschland lösen lebzeitige Schenkungen im Vereinigten Königreich nicht sofort und automatisch eine Schenkunssteuer aus. Streng genommen gibt es in UK eigentlich gar keine Schenkungssteuer (gift tax), denn wenn man in England eine Schenkung macht – egal in welcher Höhe – und der Schenker dann noch mindestens sieben Jahre lebt, bleibt die Schenkung steuerfrei (jedenfalls was Schenkungs-/Erbschaftsteuer angeht; in manchen Konstellationen kann eine Schenkung für den Empfänger allerdings Einkommen sein und somit income tax auslösen).

Verstirbt der Schenker allerdings innerhalb von sieben Jahren ab dem Tag der Schenkung, dann wird der Wert der Schenkung dem Nachlass (estate) hinzugerechnet und ist damit Grundlage für die Berechnung der Erbschaftsteuer (UK Inheritance Tax, abgekürzt IHT). Ob die Schenkung bei der IHT-Berechnung mit dem vollen Steuersatz von 40% besteuert wird oder mit einem reduzierten Steuersatz, hängt davon ab, wie lange die Schenkung innerhalb des 7-Jahres Zeitraums zurückliegt. Es gilt nämlich eine Abschmelzregel, sog. „taper relief“. Konkret bedeutet das, dass der Steuersatz immer niedriger wird, je länger die Schenkung zurück liegt. Stirbt der Schenker innerhalb von drei jahren ab Schenkung, gilt der normale englische Erbschaftsteuersatz von 40%. Danach gilt:

Taper relief (reduzierter Steuersatz auf lebzeitige Schenkungen)

Volle Jahre zwischen Schenkung und TodestagSteuersatz
3 to 4 years32%
4 to 5 years24%
5 to 6 years16%
6 to 7 years8%
7 or more0%
Steuersätze auf lebzeitige Schenkungen im Vereinigten Königreich

Während der Schwebephase von sieben Jahren, während der also noch unklar ist, ob der Schenker solange lebt, wird die Schenkung in England als „potentially exempt transfer (PET)“ bezeichnet. Details hierzu auf der Website des englischen Finanzamts hier.

Zur Vermeidung von Missverständnissen

Zu einer Besteuerung solcher lebzeitiger Schenkungen kommt es natürlich auch beim Tod innerhalb von sieben Jahren nur dann, wenn der Gesamtnachlasswert (estate value) plus die lebzeitige Schenkung über dem Erbschaftsteuer-Freibetrag liegt (nil-rate band von 325.000 Pfund, plus ggf. residential nil-rate band von weiteren 175.000 Pfund). Bei Ehegatten sind Erbschaften und Schenkungen ohnehin komplett steuerfrei (unlimited spouse exemption), jedenfalls sofern der überlebende Ehegatte seinen Lebensmittelpunkt nicht außerhalb des Vereinigten Königreichs hat.

Zudem sind pro Jahr 3.000 Pfund (insgesamt, nicht pro Empfänger) steuerfrei. Man kann somit, falls man insgesamt (Erbmasse plus lebzeitige Schenkungen) über dem Erbschaftsteuerfreibetrag liegt, pro Jahr 3.000 Pfund von den gemachten lebzeitigen Schenkungen abziehen, bevor man die „taper relief“ Ermäßigung anwendet.

Alles nicht ganz einfach, ich weiß.

Die beste Nachricht für deutsche Mandanten zum Schluss

Lebt der Schenker ausschließlich in Deutschland, hat also keinen (Zweit-)Wohnsitz in England, und stammt auch der Schenkungsgegenstand aus Deutschland (Geld von deutschem Bankkonto, deutsche Immobilie, deutsches Aktiendepot etc.), dann löst eine Schenkung in Großbritannien keinerlei Steuer aus, selbst wenn der Empfänger (also der Beschenkte) in England wohnt. Also nochmal ganz deutlich: Schenkt die in Deutschland wohnende Mutter ihrer in England lebenden Tochter 500.000 Euro und überweist sie ihr diesen Betrag auf ihr Konto bei der englischen Bank, dann ist das aus Sicht des englischen Finanzamts (HMRC) gar nichts, technisch korrekt formuliert: kein steuerbarer Vorgang (non at taxable event). Weder im Zeitpunkt der Schenkung, noch falls die Mutter innerhalb von sieben Jahren ab der Schenkung verstirbt. Die Schenkung hat aus Sicht des britischen Finanzamts mit UK schlicht nichts zu tun, weil es in der UK-Denkweise (anders als in Deutschland) nicht auf den Empfänger ankommt, sondern auf den Schenker bzw. die Belegenheit des Schenkungsgegenstandes. Es kann bei hohen Überweisungen von Deutschland nach UK zwar sein, dass das britische Finanzamt HMRC nachfrägt, worum es sich dabei handelt. Wenn man dann aber mitteilt, wie es ist, nämlich eine Schenkung eines in Deutschland lebenden Schenkers aus Vermögen, das in Deutschland belegen war, dann hat es sich. Ich empfehle meinen Mandanten, gleich einen entsprechenden (englischen) Text als Verwendungszweck in der Banküberweisung anzugeben, damit das englische Finanzamt nicht lange rätseln muss.

Aber, nicht zu früh freuen: Die Schenkung unterfällt natürlich trotzdem der deutschen Schenkungssteuer, weil die Schenkerin ja in Deutschland wohnt.

Weitere Informationen zur Erbschaftsteuer in England und den dort geltenden Freibeträgen in diesen Beiträgen hier:

Experten-Anwaltskanzlei für englisches Erbrecht und englische Erbschaftsteuer

Das Spezialgebiet unserer Kanzlei ist das Erbrecht von England und Wales sowie das britische Erbschaftssteuerrecht. Seit der Kanzleigründung 2003 haben die Erbrechtsanwälte von Graf & Partner bereits mehrere tausend internationale Nachlässe abgewickelt, also deutsche und englische Erbscheine beantragt, Erbschaftsteuererklärungen in England und Deutschland erstellt, Nachlassimmobilien verkauft und Nachlasskonten, Wertpapierdepots und Aktieninvestments aufgelöst.

Um deutschen Angehörigen und Erben, die mit der Abwicklung eines Erbfalls in England konfrontiert sind, die Unterschiede zu einem deutschen Erbfall zu verdeutlichen und einen Wegweiser für die Abwicklung eines Erbfalls in Großbritannien zu liefern, erstellte Rechtsanwalt Schmeilzl das Web-Portal Erbschaft in England

Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, kontaktieren Sie gerne die Kanzlei Graf & Partner. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).

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