Die Channel Islands lassen sich im Erbfall das Nachlasszeugnis teuer bezahlen
Jersey und Guernsey, die Kanalinseln zwischen Frankreich und England, gehören zwar „irgendwie“ zu den britischen Inseln (siehe hier), sind juristisch aber eigene Rechtsordnungen mit eigenen Nachlassgerichten. Besaß der Verstorbene Vermögen auf einer der Channel Islands, müssen die Erben daher ein eigenständiges Nachlasszeugnis beim Erbschaftsgericht in Jersey oder Guernsey beantragen, denn weder ein deutscher Erbschein, noch ein englischer Grant of Probate werden dort anerkannt (Details dazu hier).
Noch schlimmer: Die Gerichtsgebühren sind auf den Kanalinseln viel höher als im Vereinigten Königreich. Während die Gerichtsgebühren in England – auch bei Millionenerbschaften – nur 216 Pfund betragen, ist man auf Jersey oder Guernsey, selbst bei sehr überschaubaren Bankkonten, schnell 2.000 Euro Gerichtsgebühren los, wohlgemerkt ohne die Anwaltskosten. Denn einen lokalen Anwalt (Solicitor) muss man auch noch zahlen, es sei denn man will selbst auf die Kanalinseln fliegen und eine „Personal Application“ stellen, was nicht gern gesehen wird. Unter Gesamtkosten von rund 4.000 Euro kommt man daher kaum an den begehrten Kanalinsel-Erbschein. Und ohne Erbschein kein Zugriff auf das Bankkonto oder Aktiendepot.
Beispiel eines echten Erbscheins des Nachlassgerichts Jersey
Und so sieht ein Original-Nachlasszeugnis in Jersey dann in der Praxis aus. Hier am Beispiel eines deutschen Erblassers, der ein Bankkonto auf Jersey hatte:
Nachlasszeugnis der Kanalinsel Jersey (British Isles)
Weitere allgemeine Informationen zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in Deutschland, England und Schottland siehe:
- Erbrecht und Testament in England: die Basics
- Gilt ein deutsches Testament in England? Auch nach Brexit?
- Testament und Erbrecht in Schottland
- Checkliste für Nachlassabwicklung in England & Wales
- Achtung: In Schottland gelten andere Regeln
- und in Irland sowieso
- Schottland ist nicht England: Vorsicht im Familien und Erbrecht
- Erbschaftssteuer in England: Steuersätze, Freibeträge, Anrechnung
- Anrechnung von Erbschaftssteuer zwischen Deutschland und England
- Was ist eine “Deed of Variation” im englischen Erbrecht?
- Erbfall in England: Wie beschränkt man die Haftung des Nachlassabwicklers?
- Haftungsfalle für Erbrechtsanwälte: In USA und GB gibt es keine transmortale Vollmacht
- Deutschland oder England: Wo muss das Erbe versteuert werden?
- Wer Bankkonten oder Depots in UK oder auf den Channel Islands erbt
- Der ganz normale Wahnsinn deutsch-britischer Erbfälle
- Internet-Betrugsmasche: ausländische Erbschaft
- Erbfälle mit Bezug zu Australien
- Verwandter in England gestorben: Wie erfährt man, was im Testament steht?
Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Litigation) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Law. Telefon 0941 463 7070.