Wann braucht man bei Vermögen auf der Kanalinsel Jersey einen eigenen Erbschein?

Jersey erhöht die Schwelle für die Notwendigkeit eines Erbscheins auf 30.000 Pfund

Die Kanalinseln Jersey und Guernsey sind – auch bei Deutschen – beliebte Kapitalanlageländer (keine Erbschaftsteuer, keine Kapitalzuwachssteuer (Capital Gains Tax)). Was aber viele vergessen: Verstirbt der Inhaber des Jersey Bankkontos oder Aktiendepots, gilt dort weder ein deutscher Erbschein, noch ein englischer Grant of Probate, noch ein EU Nachlasszeugnis. Die Erben müssen stattdessen einen separaten Jersey-Erbschein beantragen, was für die Erben oft erstaunlich teuer ist. Mehr dazu hier:

Einzige Ausnahme

Nur wenn das bewegliche (!) Vermögen auf Jersey insgesamt (also nicht pro Bank!) den Schwellenwert von 30.000 Pfund nicht überschreitet (small estate exception Jersey), geben die Jersey-Banken dieses – geringe – Nachlassvermögen auch ohne Jersey-Erbschein frei. Die Person, die Auszahlung beantragt, muss dann nur in einem Formular an Eides statt versichern (Affidavit), dass er oder sie berechtigt ist, das Guthaben in Empfang zu nehmen.

Wo steht das? Im PROBATE (AMENDMENT) (JERSEY) LAW 2023, Section 19A, der wie folgt lautet

19A Exception for small estates
(1) A holder may release movable estate to a person (the “applicant”), without the production of a grant if the conditions in paragraph (2) are met and either –
(a) the deceased person dies domiciled other than in Jersey and the gross value of that person’s movable estate in Jersey held by the holder does not exceed £30,000; or
(b) the deceased person dies domiciled in Jersey, and –
(i) the gross value of the deceased person’s movable estate in Jersey held by the holder does not exceed £30,000, and
(ii) the applicant declares that the gross value of the deceased person’s worldwide movable estate does not exceed £30,000.
(2) The conditions are –
(a) the applicant acknowledges in writing that the holder is not liable to any other beneficiary of the deceased person’s estate for the movable estate that is released to the applicant;
(b) it appears to the holder that the applicant is entitled to receive the movable estate under the terms of the deceased person’s will or under the laws relating to intestate succession in force in the place in which the deceased person was domiciled at death; and
(c) there is no caveat in force in respect of the deceased person’s estate.

In der Praxis hilft das internationalen Nachlassabwicklern und Erbrechts-Anwälten wie uns wenig, da Personen, die Geld auf Jersey anlegen, dort in aller Regel erheblich höheres Gesamtvermögen haben als 30.000 Pfund.

In all diesen Fällen gibt es keine Alternative zum separaten Jersey Erbschein.

Und nur zur Vermeidung von Missverständnissen: Auf der Nachbarinsel Guernsey, nur 42 Kilometer entfernt, gelten wieder andere Regeln.

Weitere allgemeine Informationen zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in Deutschland, England und Schottland siehe:

Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Litigation) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Law. Telefon 0941 463 7070.