Wie schlägt man in England eine Erbschaft aus?

Muster einer Ausschlagungserklärung (Deed of Disclaimer)

Das Thema Erbausschlagung ist in UK und USA viel weniger brisant als bei uns in Deutschland, da die Common Law Rechtsordnungen in aller Regel keine Haftung der Erben für Schulden des Verstorbenen kennen. Es droht daher – anders als bei uns – keine finanzielle Katastrophe, wenn man nicht innerhalb einer bestimmten Frist formell korrekt die Erbausschlagung erklärt hat.

Der Worst Case bei Erbfällen in UK und USA ist, dass man mit Null aus der Sache rausgeht und ggf. ein paar Auslagen hatte (Reisekosten, Beraterhonorare), aber keine existenzbedrohende Haftung für alle Schulden des verstorbenen Verwandten. Die Details dazu erkläre ich in diesem Post hier:

„Thanks, but no thanks!“

In Erbfällen, für die englisches Recht gilt, eilt also erst einmal gar nichts. Man kann sich in Ruhe überlegen, ob man dabei bleiben möchte oder nicht. Ausschlagungen und Testamentsabänderungen (Deeds of Variation, dazu unten) sind bis zu zwei Jahre nach dem Todesdatum möglich. Bis dahin weiß man in aller Regel, ob der Nachlas überschuldet ist.

Nun gibt es aber Konstellationen, in denen jemand trotzdem seine Erbschaft in England (oder einem anderen Common Law Staat) ausschlagen möchte, zum Beispiel weil das Verhältnis zum Verstorbenen oder den anderen Erben so schlecht war / ist, dass man „mit diesen Leuten“ nichts zu haben will.

Oder – weniger emotional – weil die Regelung, die der Verstorbene in seinem Testament getroffen hat, steuerlich ungünstig ist und die gesetzliche Erbfolge besser wäre, weil sie zu niedrigeren Steuern führt. Dann macht eine Ausschlagung insgesamt auf alle Familienmitglieder betrachtet wirtschaftlich Sinn. Tipp: In solchen Fällen besteht im englischen Recht – als Alternative zur Ausschlagung – auch die Möglichkeit, das Testament einvernehmlich abzuändern, wenn alle Begünstigten damit einverstanden sind, die sog. Deed of Variation. Der Clou dabei: Das britische Finanzamt erkennt eine solche Abänderung rückwirkend an, als ob das Testament schon immer so formuliert gewesen wäre (in Deutschland geht das nicht, da ist der Wortlaut des Testaments für das deutsche Finanzamt in Stein gemeißelt und Abweichungen, sogenannte disquotale Aufteilungen, werden als separate Transaktion gewertet). Mehr dazu hier

Oder jemand will gegen Abfindung aus der Erbengemeinschaft auscheiden, etwa weil er oder sie nicht viele Jahre mit der Verwaltung oder dem Verkauf von Immobilien im Ausland zu tun haben will. Lieber lässt man sich mit einem (niedrigeren) Wert abfinden, über den man dann aber sofort verfügen kann, nicht erst in ein paar Jahren.

Aber Vorsicht: In UK kann eine solche Vereinbarung „Ausschlagung gegen Abfindung“ (sog. weichender Erbe) andere steuerliche Nachteile haben. Man sollte daher keinen Schnellschuss fabrizieren, ohne die steuerlichen Auswirkungen in allen Bereichen geprüft zu haben. Mehr zum Thema Ausschlagung und Teilausschlagung in einem internationalen Erbfall hier:

Muster einer Ausschlagungserklärung in England

Wie sieht eines solche Erbausschlagung in der Praxis aus, wenn sie von einem englischen Anwalt erstellt wird? Hier ein Musterbeispiel einer Deed of Disclaimer als PDF-Download:

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Weitere Infos zum internationalen Erbrecht und zur Erbschaftsteuer in Deutschland, UK, USA und anderen Ländern:

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