
US-Banken verlangen oft eine spezielle Beglaubigung sowie einen „Tax Clearance“ Nachweis. Ist das wirklich nötig?
Besaß der Erblasser Vermögen in USA, brauchen die Erben in Deutschland meist viel Geduld. Denn Banken und Verwalter von Aktiendepots in den USA arbeiten langsam und umständlich, vor allem bei grenzüberschreitenden Erbfällen.
Oft verlangen die US-amerikanischen Finanzinstitute auch Dinge, die es in Deutschland und Europa schlicht nicht gibt, etwa die berüchtigte „medallion guarantee“ (auch „medallion signature guarantee“). Eine Art Beglaubigung im Bankverkehr in den USA. Darf dort jede Hinz-und-Kunz-Bank ausstellen. Details werden hier erklärt auf der Website con Computershare USA: https://www.computershare.com/us/what-is-a-medallion-guarantee
Existiert in Europa halt nicht. Das ist den Amerikanern aber egal, sie verlangen es trotzdem von den deutschen Kunden und treiben diesen die Tränen der Verzweiflung in die Augen, bis die deutschen Erben schließlich bereit sind, irgendwelchen halbdubiosen Online-Anbietern bis zu 1.000 Dollar zu zahlen, um dieses USA-spezifische Beglaubigungssiegel zu erhalten. Auf das Argument, dass die Beglaubigung eines deutschen Notars viel sicherer ist als die „medallion guarantee“, erhält man meist nicht einmal eine Antwort. Was auch daran liegt, dass die Amerikaner nicht verstehen, was ein deutscher Notar ist. In USA ist ein „notary“ nämlich nicht einmal ein Jurist (mehr dazu in diesem Beitrag hier).
Ein weiterer Grund für Frustration bei der Abwicklung von USA-Erbfällen ist, wenn amerikanische Banken oder Depotverwalter eine Unbedenklichkeitsbescheinigung (tax clearance) vom US-Finanzamt „Internal Revenue Service (IRS)“ verlangen. Das dauert Monate. Und: In den Fällen, in denen der Nachlass von jemandem mit Wohnsitz in USA verwaltet wird, oder wenn die Erben einen Anwalt in den USA beauftragt haben (was ohnehin der Regelfall ist), liegt die Bank schlicht falsch mit ihrer Forderung eines „tax clearance certificate“. Das einschlägige USA-Steuergesetz, der „Code of Financial Regulations“ sagt für diese Fälle nämlich:
§ 20.6325-1 Release of lien or partial discharge of property; transfer certificates in nonresident estates.
(a) A transfer certificate is a certificate permitting the transfer of property of a nonresident decedent without liability. Except as provided in paragraph (b) of this section, no domestic corporation or its transfer agent should transfer stock registered in the name of a non-resident decedent (regardless of citizenship) except such shares which have been submitted for transfer by a duly qualified executor or administrator who has been appointed and is acting in the United States, without first requiring a transfer certificate covering all of the decedent’s stock of the corporation and showing that the transfer may be made without liability.
Aber auch hier gilt wieder: In der Sache Recht zu haben einerseits und die Bank oder das Finanzinstitut in USA zur entsprechenden Hanldung zu bewegen andererseits, sind zwei paar Stiefel und können viel Zeit, Frust und Geld erfordern.
Mehr zu Erbschaften in USA
Wer tatsächlich in den USA geerbt hat und den Nachlass in einem oder gar mehreren US-Bundesstaaten abwickeln muss, benötigt dazu in aller Regel die Unterstützung eines US-amerikanischen Anwalts vor Ort. Mehr zur Abwicklung deutsch-amerikanischer Erbschaften im folgenden Video und meinen weiteren Blog-Beiträgen in der Liste unter dem Video
Weitere Infos zu Erbrecht, Nachlassabwicklung und Erbschaftsteuer in USA finden Sie hier:
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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer englischspachigen Prozessabteilung (GermanCivilProcedure) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und internationale Erbfälle. Falls Sie bei einer anglo-amerikanischen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk in Europa sowie im außereuropäischen englischsprachigen Rechtsraum gerne zur Verfügung. In UK, Kanada sowie den meisten großen US-Bundesstaaten verfügen wir über gute persönliche Kontakte zu amerikanischen Attorneys-at-Law in mittelgroßen Kanzleien.
Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070.